von Philip Vogt
Es hat etwas gedauert, aber nun habe ich endlich auch mal einen langen Dokumentarfilm mit der C300 (mit interner Aufzeichnung) gedreht. Besser gesagt einen halben langen Dokumentarfilm. Der erste Teil des Films spielt in Indien – den hat Lars Barthel gedreht. Für die zweite Hälfte in Deutschland durfte ich verantwortlich zeichnen. Die Dreharbeiten waren im Dezember 2012 und Januar 2013. Der Film ist eine Co-Produktion von Pelle Film und dem BR und befindet sich zur Zeit im Schnitt.
Die Idee: Kinolook, kleines Team
Ich habe mit Alexander schon mehrere Filme gedreht, und uns ging es auch diesmal darum, “kinoreif” zu erzählen. Gleichzeitig war klar, dass das Budget uns gewisse Grenzen auferlegt. Das betrifft die technische Ausstattung, aber natürlich auch die Teamgröße. Gleichzeitig wollten wir auch wegen der dokumentarischen Arbeitsweise kein Team mit mehr als vier Leuten. Und so waren wir zu viert. Kamera, Regie, Ton (Hannes Ullmann) und Kameraassistenz (Björn Rothe). Bei unserem letzten gemeinsamen Dreh KIRAN haben wir die FS100 benutzt, mit dem Aja Ki Pro Mini Recorder zu externen Aufzeichnung. Der Look ist in meinen Augen sehr gut geworden, und der Film ist jetzt sogar für den Deutschen Kamerapreis nominiert worden. Aber diesmal wollten wir unbedingt beweglicher sein und spontaner arbeiten können, als es mit dem recht massiven Setup der FS100 der Fall war. Gemeinsam mit Lars Barthel, der mit seinem selbst designten 5D-Rig ohnehin auch ein großer Freund des “Ein-Mann-Dokumentar-Kinos” ist (also Drehen ohne Schärfe-Assistent), haben wir uns dann für die C300 entschieden.
Das Setup
Ich finde, das ist jetzt wirklich eine neue Ära im “Dokumentarfilme drehen”. SHINE WELL wurde mit diesem Setup gefilmt: C300, Zeiss ZF (Nikon in Indien), O’Connor CFF1, Teradeck und ALL 601 zum synchronisieren mit dem 744.
Es sind nicht nur alle Knöpfe da, wo sie hingehören, sondern die Kamera liegt auch richtig gut in der Hand, wenn man mit bewegter Kamera dreht. Ich habe für die Handkamera dann immer das Focusrad vom CFF 1 abgemacht und mit dem Daumen direkt am Zahnrad gedreht. Klappt super. Und vor allem bietet die C300 ja auch jederzeit während der Aufnahme “Expanded Focus”, was die Focusarbeit massiv erleichtert. Riesen-Nachteil: Das Betätigen des Knopfs ist ziemlich laut und in intimeren Situationen ständig zu hören. Der Geräuschpegel ist ohnehin ein Problem an der C300. Nicht nur dass der Lüfter recht laut ist – er wird auch noch lauter, wenn man den Sucher ausklappt.
Bewegungsfreiheit
Durch das Teradeck und den ALL 601 ist man kabelfrei, und trotzdem hat die Regie ein Bild und der Ton den gleichen Timecode. Man spart sich die Klappen und die Verkabelung. In Indien funktionierte der Teradeck perfekt, in Deutschland hat anscheinend die hoihe Dichte an WLan-Netzen ewas mehr gestört und wir mussten gelegentlich auf den Video-Stream warten. Trotzdem ein Muss für bildgewandte Regisseure, die wissen müssen, was hinter der Linse passiert. Und es ermöglicht einfach viel mehr Flexibiltät für die Kameraleute, wenn die Regie nicht mit dem Kabel dran hängt.
Allgemeiner Eindruck
Die Bildqualität mit CLog on und die Lichtempfindlichkeit sind sehr gut. Was mich aber vor allem überzeugt hat ist das Handling. Vor dem Dreh haben wir bei der Cinepost einige Testprojektionen in 4K gesehen, die wirklich überzeugend waren. Etwas mehr Videolook als die Epic und die Alexa, ja. Aber angesichts der Größe und der Kosten eine sinnvolle Alternative für viele Projekte.
Ein echter Vorteil beim Drehen mit der C300 im Vergleich zur Red, oder auch zu externen Recordern, die mit ProRes aufnehmen, ist natürlich auch, dass man einfach deutlich weniger Speicherplatz “verbrennt”. Mit zwei 32 GB CFs kamen wir oft sogar ohne Wechseln über den Tag.
Mit dem Chrosziel Swing Away Kompendium und dem echt praktischen O’Connor Follow Focus – und natürlich dank Kamera-Assistent Björn Rothe – gingen die Optikwechsel so schnell, dass mir ein Zoom eigentlich fast nie gefehlt hat. Für die Zukunft würde ich sicher versuchen, auch ein, zwei Zooms mit ins Budget zu bekommen. Andererseits findet man -wenn die Regie das mitträgt, wie es bei Alexander natürlich der Fall ist – mit den Festbrennweiten schnell zu einer klaren Bildsprache.
Ich kann dieses Setup wirklich nur empfehlen, wenn man im kleineren Team arbeitet und kein RAW und kein 4K und keine Zeitlupen braucht. Sicher werden noch viele großartige Filme mit der C300 in den nächsten Jahren gedreht. Und jetzt mal schauen, was die F5 und F55 können!